Bei TOP 3 stimmte der Rat über eine Reihe von Handlungsempfehlungen ab, die aus dem ersten Integrationsbericht der Stadt entwickelt wurde. Dazu Ruth Birkle:
„Zentral in der Vorlage ist Punkt eins: Sprachförderung. Die Sprache des Landes zu sprechen, in dem der eigene Lebensmittelpunkt liegt, ist wichtig für Bildung, Arbeit und Beruf, aber auch für Freizeit und Freundschaft, Teilhabe und Selbstbestimmung. Sprachlosigkeit dagegen macht abhängig von traditionellen Strukturen und bringt zahlreiche Probleme im praktischen Leben. Das macht das Thema auch zum Geschlechterthema.
Auch Integrationshelferinnen und -helfer, Schulungen und Workshops, müssen in der Migrationsgesellschaft einen Blick für die geschlechtsspezifischen Rollenzuweisungen entwickeln, um erfolgreich integrativ zu sein. Der Blick darauf fehlt in der Vorlage bei jedem Punkt.
In Punkt vier taucht obendrein wieder die Forderung auf, mit Workshops innerhalb der Verwaltung ein „kultursensibles Bewusstsein“ zu schaffen. Zu der Problematik des Begriffs haben wir bereits eine Rede im Gemeinderat gehalten. Kurzgefasst wiederholt: Der Begriff rechtfertigt patriarchale, traditionelle Strukturen, verweigert Kritik und schadet der Integration. Die Vorlage erläutert außerdem, die Sensibilisierung unterstütze die Verwaltung, einen respektvollen und wertschätzenden Umgang mit allen Bruchsaler BürgerInnen zu pflegen. Also vielleicht nur nette, nicht allzu teure Freundlichkeitsschulungen? Leider ohne Vermittlung von Wissen und Kenntnissen über die Migrationsgesellschaft und die besondere Problematik im Verhältnis der Geschlechter. Wieder eine verpasste Chance.
Weil die Sprachförderung auf Platz eins steht, stimmen wir der Vorlage dennoch zu.
Wir fordern aber ausdrücklich, dass bei der Konzeptionierung der Handlungsempfehlungen und bei der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen die Kategorie Geschlecht berücksichtigt wird, gemäß dem Chancengleichheitsgesetz des Landes BaWü und dass die angehängte Stellungnahme mit dieser Forderung beachtet und erfüllt wird.“
Bei TOP 4 wurde der weitere Planungsprozess für eine Senioreneinrichtung in Obergrombach abgestimmt. Dazu Dr. Hartmut Schönherr:
„Wir können dem Antrag nicht im ganzen Umfang zustimmen.
Selbstverständlich sehen auch wir den Bedarf einer wohnortnahen Pflegeeinrichtung für den Stadtteil Obergrombach. Daher stimmen wir dem ersten Punkt der Beschlussvorlage auch vorbehaltlos zu. Wir warnen allerdings vor überzogenen Erwartungen vor Ort, wie sie bei einer Ortschaftsratssitzung geäußert wurden. Die Zeiten, als man sich schon frühzeitig auf die Warteliste eines Heimes setzen lassen konnte um dann im Bedarfsfall für sich oder Angehörige dort einen Platz zu bekommen, sind lange vorbei. Die Heime reagieren auf je akuten Bedarf und belegen freiwerdende Plätze unverzüglich. Und da wird auch der Obergrombacher Betreiber nicht schauen, ob der Bewerber, die Bewerberin aus Obergrombach kommt und ObergrombacherInnen werden keine Garantie auf einen Wunschplatz in Obergrombach haben.
Dem zweiten Punkt der Beschlussvorlage stimmen wir nicht zu. Im Ausschuss bestand Konsens, dass auch andere potentielle Standorte als der Danzberg weiter im Fokus bleiben, so insbesondere ein Standort am Ortsrand Richtung Helmsheim. Dieser Standort würde keine Belastung durch Besucher- und Lieferverkehr auf verwinkelten Nebenstraßen bringen, wie dies beim Standort Danzberg der Fall ist. Nach unserer Auffassung ist Helmsheimer Straße der nachhaltigere Standort.
Der dritte Punkt schnürt das Pflegeheimthema zusammen mit dem immer wieder aus allen ländlichen Stadtteilen von den Ortschaftsräten vorgetragenen Thema „Neubaugebiet“. Dabei wird verwiesen auf die Kategorie „Bedarf“. Eine im Kontext Neubaugebiete untaugliche, verwaschene Kategorie. Wessen Bedarf ist da gemeint, der Bedarf der Grundstücksbesitzer dort hoffentlich nicht. Ginge es aber z.B. nach dem Bedarf des Marktes, könnten wir die gesamten Gemarkungsflächen der ländlichen Stadtteile und die Hänge der Kernstadt mit Einfamilienhäusern füllen. Wir stimmen auch diesem Punkt nicht zu.“
Bei TOP 5 schließlich wurde die Neuordnung des Bahnhofsareals auf den Weg gebracht. Dazu Peter Garbe:
„Was wir wollen, ist eine Verkehrspolitik der Stadt Bruchsal, die auf öffentlichen Nahverkehr, einem auf das Notwendige beschränkten Individualverkehr mit PKWs (elektrifiziert!) und flüssigem Radverkehr zielt und für Fußgänger keinen Hindernislauf bedeutet.
Was wir nicht wollen, ist eine Verkehrspolitik, die wie im Moment PKWs, insbesondere mit Verbrennungsmotor Dominanz zugesteht und dem Radverkehr lediglich ein Nischendasein einräumt.
Wir wollen, dass der Radverkehr im Innenbereich der Bruchsaler Stadtteile zukünftig Vorfahrt hat. Nicht, weil wir denken, dass alle Bruchsaler Freaks sind, die sich nur auf Fahrrädern wohlfühlen, sondern, weil wir das Rad als alternativloses Fortbewegungs- und Transportvehikel im Lebensraum Stadt sehen – jetzt und in Zukunft.
Damit das Radfahren in Bruchsals Innenstadtbereichen attraktiv ist, muss allerdings die Verkehrsführung so gestaltet sein, dass der Radverkehr flüssig und sicher möglich ist. Schüler, Berufstätige auf dem Weg zur Arbeit per Rad und Menschen die einkaufen wollen per Rad, wollen zügig von A nach B kommen. Das Rad ist hier in erster Linie Mittel zum Zweck.
Konsequenz: Grüne und Neue Köpfe stimmen Punkt 1 des Beschlussantrages zur Neuordnung des Bahnhofsareals nicht zu, da wir die Radverkehrsführung in der Prinz-Wilhelm-Straße in der vorgelegten Planung nicht für sinnvoll halten.
Zur näheren Begründung zwei Aspekte:
Der Radverkehr soll nach Plan der Stadtverwaltung in der Prinz-Wilhelm-Straße gegenläufig auf der Westseite der Straße laufen. Im Bereich von Saalbach- und Merkurcenter beobachten wir schon jetzt massive Nutzungskonflikte zwischen Radfahrern untereinander und mit Fußgängern. Diese Konflikte werden mit stärkerem Radverkehr zunehmen (E-Bikes boomen und sind schnell). Ein zügiger gegenläufiger Radverkehr ist auf einem 2,5 m breiten gut frequentierten Weg nicht möglich.
Eine Aufsplittung des Radverkehrs in zwei Richtungen an beiden Seiten der Prinz-Wilhem-Straße hält die Verwaltung auch für richtig, sieht aber dafür aktuell keinen Bedarf.
Wir meinen, dabei agiert die Stadt nicht im Sinne einer Gesamtstrategie Verkehr, sondern reagiert nur: „mal schauen, wie sich der PKW-Verkehr entwickelt“. Der Verkehr in Bruchsal soll sich nicht evolutiv entwickeln (bei dem bekanntermaßen der Stärkste, Fitteste gewinnt), sondern aktiv von der Stadt entwickelt wird zur Steigerung der Lebensqualität.
Die Radverkehrsführung im Bereich des Bahnhofsvorplatzes schlägt in die gleiche Kerbe: Der ursprünglich gerade Verlauf, schwenkt jetzt unübersichtlich im Bogen in den Bahnhofsvorplatz ein und die Prinz-Wilhelm- Straße verläuft in diesem Bereich 3-spurig. Der Fokus dieses Konzeptes liegt klar auf dem Autoverkehr – das mit dem Radverkehr wird schon irgendwie gehen.
Punkt 2 des Beschlussantrages stimmen wir zu: ein ZOB-Dach als Solardach muss sein und eine Alternative zu den Bogenstützen in Form von Stahlstützen trägt dem unterschiedlichen ästhetischen Empfinden Rechnung. Wichtig erscheint uns in jedem Fall, dass die Konstruktion Schutz vor Wind und Regen bietet.“
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